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Zolltarifnummern automatisch ermitteln

Zolltarifnummern automatisch ermitteln

Wer grenzüberschreitend verkaufen möchte, muss einiges bedenken. Insbesondere, wenn eine Zollgrenze zwischen dem Lagerort der Ware und der Lieferadresse des Kunden besteht. Für den Import und Export benötigt jeder Artikel eine Zolltarifnummer, die sich aus den Eigenschaften ergibt. Denn ohne sie geht am Zoll gar nichts! Die Ermittlung ist in vielen Unternehmen aber ein manueller, zeitaufwändiger Prozess. 

MS Direct macht als Spezialist für Cross Border Logistik für viele Millionen Artikel den Weg in den Schweizer Markt frei. Um die Tarifierung für all diese Waren zu bewältigen, setzen wir nicht nur auf das Wissen unserer Zoll-Experten, sondern auch künstliche Intelligenz (KI) mittels Machine Learning – unseren TariffTranslator. Die automatisierte Ermittlung der Zolltarifnummer aus Stammdaten vereinfacht die Zollabwicklung deutlich, damit Waren reibungslos, binnen kürzester Frist die Grenze passieren können. 

Wie das genau funktioniert, fragst du dich? Eva Tyssen, unsere Head of Business Development und Customer Success hat für euch ein Interview mit Prof. Dr. Siegfried Handschuh von der Universität St. Gallen (HSG) geführt, der uns mit seinem Team in der Entwicklung der KI geholfen hat.

„Man muss als Unternehmen erkennen, dass man mit seinen Prozessdaten auf einem Schatz sitzt.“

Prof. Dr. Siegfried Handschuh, Universität St. Gallen (HSG)

Eva: Siegfried, wir sind vor fast zwei Jahren auf euch zugegangen mit dem Wunsch, unsere Tarifnummernermittlung zu automatisieren. Wie schnell war dir klar, dass dies ein perfekter Use Case für Machine Learning ist?

Siegfried: Am Anfang haben wir es vermutet, aber wir wussten es erst, als wir gemeinsam an einem Proof of Concept gearbeitet haben und konkrete Beispieldaten nutzen konnten. Es wurde schnell klar, dass wir mit maschinellen Lernverfahren sehr gute Ergebnisse erzielen können. Die gute Datenlage von MS Direct macht diesen Anwendungsfall ideal. 

 

Eva: Wie haben wir die Maschine trainiert? Was brauchten wir dafür und wie lange hat der Prozess gedauert?

Siegfried: Wir haben eine Vorstudie gemacht und mit diesem Wissen das eigentliche Projekt gestartet. Das Projekt dauerte etwa drei Monate, wovon etwa ein Monat auf das Datenhandling, ein Monat auf die Arbeit mit den Trainingsalgorithmen und ein Monat auf die Benutzeroberfläche entfiel. Erforderlich sind bei solchen Projekten immer eine umfassende Sondierung und Aufbereitung der Daten. 

Die Aufbereitung der Daten – wir hatten etwa 57 Millionen Datensätze – umfasst eine Qualitätsprüfung, eine Untersuchung von Mustern, verknüpfen von Datenquellen und Erkennen von Anomalien. Mit den so aufbereiteten Daten haben wir insgesamt 75 maschinelle Lernklassifikatoren für die Aufgabe entwickelt. Diese Modelle werden trainiert, validiert und feinabgestimmt. Darüber hinaus haben wir eine Infrastruktur erstellt, die ein späteres Nachtraining ermöglicht und die Lösung damit zukunftsoffen macht. 

 

Eva: Was empfiehlst du generell Unternehmen, die Prozesse mit KI optimieren möchten? 

Siegfried: Ich sehe unmittelbar zwei Dinge. Zum einen ist zu prüfen, ob die Prozesse überhaupt mit KI angegangen werden können, d.h. wie sieht die aktuelle Lösung in Bezug auf Kosten, Fehlerquoten und Prozessineffizienzen aus, und was wird von der KI-Lösung erwartet? Zum anderen ist moderne KI vielfach datengetrieben, d.h. man muss als Unternehmen erkennen, dass man mit seinen Prozessdaten auf einem Schatz sitzt, den es zu heben gilt. Oder, wenn man nicht über die notwendigen Daten verfügt, sollte über eine strategische Datenbeschaffung nachgedacht werden. Die Daten können dann zur Automatisierung von Geschäftsaktivitäten und -prozessen verwendet werden.

Die wichtigste Ressource für KI und die Qualität von KI-Modellen sind Daten. Daher müssen Unternehmen eine Daten- und KI-Strategie entwickeln. 

Eva: Vielen Dank, Siegfried, für das Gespräch!